Private Baufinanzierung

Überblick über die Grundlagen für die Ermittlung marktüblicher variabler Zinssätze für Immobiliendarlehen

 

Eine für den Darlehensnehmer nachvollziehbare und kalkulierbare Zinsanpassungsklausel weist nach den einschlägigen Urteilen und meiner sachverständigen Erfahrung nach folgende Merkmale auf, vgl. hierzu u.a. Staudinger, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 2015, § 488, Rn. 195 und Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 13.04.2010, Az. XI ZR 197/09, Rn. 23 bis 26., Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf, Urteil vom 05.05.2014, Az. I-9 U 64/13, Rn.44:

 

(a) Externer Referenzzinssatz: Ist ein in öffentlich zugänglichen Medien veröffentlichter Zinssatz, der für die Bestimmung des Vertragszinssatzes herangezogen wird. Als Referenzzinssätze kommen die von der Deutschen Bundesbank publizierten Geld- und Kapitalmarktzinsen sowie die MFI-Zinsstatistik  in Frage, da diese von einer unabhängigen Stelle nach einem festgelegten und nachvollziehbaren Verfahren ermittelt werden und Darlehensgeber nicht einseitig begünstigen.

 

Regelmäßig wird hierbei in der Bankenpraxis vorallem bei gewerblichen Krediten der Dreimonats-EURIBOR verwendet (vgl. hierzu Förster, Die Vereinbarung variabler Zinssätze in AGB, Peter Land Internationaler Verlag der Wissenschaften, 2010, S. 111).

 

(b) Prüfungsintervall: Meint, wie häufig der Referenzzinssatz überprüft wird. Dies kann u.a. täglich, monatlich oder vierteljährlich sein.

 

(c) Prüfungstermin: Ist der Termin, zu dem die Überprüfung des Referenzzinssatzes erfolgt. Üblich sind Monatsmitte oder -ende.

 

(d) Anpassungsschwelle: Regelt, ab welcher Änderung des Referenzzinssatzes eine Anpassung des variablen Vertragszinssatzes erfolgt. Üblich sind Regelungen, dass jede Veränderung des Referenzzinssatzes zu einer Anpassung des variablen Vertragszinssatzes führt, sog. Zinsgleitklausel, oder dass eine Veränderung des Referenzzinssatzes um mindestens z.B. 0,25% zu einer Anpassung des variablen Vertragszinssatzes führt.

  

(e) Neuer Zinssatz gültig ab: Ist der Termin, ab dem der neue variable Zinssatz für die Berechnung der Zinsbeträge herangezogen wird.

 

(f) Äquivalenzverhältnis: Ist der bei Vertragsbeginn bestehende relative Abstand zwischen Vertragszinssatz und Referenzzinssatz, vgl. hierzu BGH, Urteil vom 17.02.2004, Az. XI-ZR 140/03, S. 14, BGH, Urteil vom 21.12.2010, Az. XI-ZR 52/08, Absatz 25 und OLG Stuttgart, Urteil vom 21.05.2014, Az. 9 U 75/11, Rz. 50.

 

Ist dies eine Thematik in Ihrem Gerichtsverfahren oder bei außergerichtlichen Verhandlungen? Dann unterstütze ich Sie gern hierbei.


Die marktübliche Verzinsung bei festverzinslichen Verbraucherdarlehen

 

Für die Ermittlung der marktüblichen Verzinsung wird üblicherweise die von der Deutschen Bundesbank veröffentlichte EWU-Zinsstatistik (bzw. MFI-Zinsstatistik) herangezogen. In der EWU-Zinsstatistik werden von der Deutschen Bundesbank seit Januar 2003 die von inländischen Banken angewandten Zinssätze für das Kreditneugeschäft im jeweiligen Berichtsmonat und für alle am Berichtsmonatsende bestehenden Verträge für auf Euro lautende Kredite gegenüber privaten Haushalten und nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften ohne Differenzierung der Bonität der jeweiligen Darlehensnehmer erfasst. Die Zinssätze werden als Effektivzinssätze für verschiedene Zinsbindungsfristen, die von variabel oder einer anfänglichen Zinsbindung bis zu 1 Jahr bis hin zu einer anfänglichen Zinsbindung über 10 Jahre reichen, und unterschiedlichen ausgewiesen (vgl. Monatsbericht Januar 2004 der Deutschen Bundesbank, S. 47 ff.).

 

Die EWU-Zinsstatistik stellt somit eine unabhängige und objektive Erhebung von Zinssätzen für das Kreditneu- und Kreditbestandsgeschäft dar (vgl. BGH Urteil vom 18.12.2007, Az. XI ZR 324/06, Absatz 29).

 

Für die Herleitung der Kreditzinssätze, die zum Zeitpunkt der Auszahlung des Darlehens marktüblich, sind folgende Prüfungen erforderlich:

 

(1) Handelt es sich beim Darlehen um:

(a) ein Neugeschäft oder ein Bestandsgeschäft?
(b) einen Kredit an einen privaten Haushalt oder eine nichtfinanzielle Kapitalgesellschaft?
(c) einen revolvierenden Kredit, Überziehungskredit, Kreditkartenkredit oder einen Konsumentenkredit oder einen Wohnungsbaukredit oder einen sonstigen Kredit?


(2) Welcher Erhebungs- bzw. Berichtsmonat hinsichtlich der EWU-Zinsstatistik ist heranzuziehen?


(3) Welche Laufzeit bzw. Zinsbindung ist für das Darlehen anzusetzen?

Der hierüber ermittelte marktübliche Zinssatz bietet gemäß dem Bundesberichtshof (BGH) jedoch lediglich einen Anhaltspunkt. Liegt der vertraglich vereinbarte Zinssatz bis zu +1,00% über dem in der MFI-Zinsstatistik ausgewiesenen Marktzins gehen Gerichte häufig von der Marktüblichkeit des Vertragszinssatzes aus (vgl. BGH Urteil vom 19.01.2016, Az. XI ZR 103/15, Absatz 17).

 

Gern beantworte ich Ihre Fragen zu diesem Thema: Rufen Sie mich an, Telefon 0661 – 90 19 70 40.


Sie wollen Ihr Darlehen vorzeitig zurückzahlen und die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung nachvollziehen bzw. überprüfen (lassen)

 

Sie planen die vorzeitige Ablösung eines Kredites und möchten entweder die finanziellen Auswirkungen kennen oder die von Ihrer Bank vorgelegte Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung überprüfen (lassen)?

 

Ich unterstütze Sie hierbei gern.

 

Für die Prüfung inklusive stichwortartiger Kommentierung einer Berechnung berechnen wir eine Pauschale in Höhe von EUR 330,00 (netto) bzw. EUR 392,70 inklusive Umsatzsteuer.

Für die eigenständige Berechnung inklusive stichwortartiger Kommentierung berechnen wir eine Pauschale in Höhe von EUR 440,00 (netto) bzw. EUR 523,60 inklusive Umsatzsteuer.

Gern erstelle ich Ihnen ein individuelles Angebot für die Erstattung eines Gutachtens zu diesem Sachverhalt für die gerichtliche oder außergerichtliche Streitbeilegung. 


Aktuelles

Europäischer Gerichtshof entscheidet über CHF-Kredite: Der Europäische Gerichtshof ("EuGH") hat seine Rechtsprechung hinsichtlich von Fremdwährungskrediten fortgesetzt. Mit Urteilen vom 3. Oktober 2019, Az. C-260/18 (polnische Verbraucher vs. Raiffeisen Bank International AG) und vom 14. März 2019, Az. C-118/17 (ungarische Verbraucher vs. ERSTE Bank Hungary Zrt.) hat der EuGH entschieden, dass Fremdwährungskredite, die eine mißbräuchliche Klausel enthalten, als nichtig erklärt werden können.

 

Bundesgerichtshof entscheidet über Entgelte für Barein- und -auszahlungen am Bankschalter: Der Bundesgerichtshof ("BGH") hat mit Urteil vom 18. Juni 2019 (Az. XI ZR 768/17) entschieden, dass Banken seit dem Inkrafttreten des auf europäischem Richtlinienrecht beruhenden Zahlungsdiensterechts im Jahr 2009 in ihren Preis- und Leistungsverzeichnissen dem Grunde nach Entgelte für Bareinzahlungen und Barauszahlungen auf oder von einem Girokonto am Bankschalter vorsehen dürfen, und zwar ohne dass dem Kunden zugleich im Wege einer sogenannten Freipostenregelung eine bestimmte Anzahl von unentgeltlichen Barein- und Barauszahlungen eingeräumt sein muss. Seine zur früheren Rechtslage ergangene Rechtsprechung, nach der solche Freipostenregelungen erforderlich waren, hat der Senat angesichts dieser geänderten Rechtslage aufgegeben. Im Rechtsverkehr mit Verbrauchern kann aber die Entgelthöhe der richterlichen Inhaltskontrolle unterliegen.

 

Bundesgerichtshof entscheidet über Preisklauseln für eine sogenannte Zinscap-Prämie bzw. ZinssicherungsgebührDer "BGH" hat mit Urteil vom 8. Mai 2018 (Az. XI ZR 790/16) entschieden, dass die von einer Bank verwendeten und für Darlehensverträge mit einem variablen Zinssatz vorformulierten Klauseln 

 

"Zinscap-Prämie: ...% Zinssatz p.a. …% variabel* 

 

*Bis zum … beträgt der Zinssatz mindestens …p.a. und höchstens …p.a.  

 

Die oben angeführte Zinscap-Prämie ist sofort fällig." 

 

und 

 

"Zinssicherungsgebühr: ...% Zinssatz p.a. …% variabel* 

 

*Bis zum … beträgt der Zinssatz mindestens …p.a. und höchstens …p.a.  

 

Die oben angeführte Zinscap-Prämie ist sofort fällig." 

 

 

im Geschäftsverkehr mit Verbrauchern unwirksam sind.

 

Bundesgerichtshof nimmt Stellung zur Widerlegung der pauschalen Nutzungsentschädigung von 2,5% über dem Basiszinssatz: Der Bundesgerichtshof ("BGH") hat mit Beschluss vom 25. April 2017 (Az. XI ZR 573/15) konkrete Anforderungen an eine Widerlegung der pauschalen Nutzungsentschädigung dargelegt.

 

Bundesgerichtshof bejaht Kündigungsrecht einer Bausparkasse zehn Jahre nach Zuteilungsreife: Der Bundesgerichtshof ("BGH") hat mit den Urteilen vom 21. Februar 2017 (Az. XI ZR 185/16 und XI ZR 272/16) festgestellt, dass Bausparverträge im Regelfall zehn Jahre nach Zuteilungsreife kündbar sind.

 

Nach Ansicht des BGH ist auf Bausparverträge Darlehensrecht anzuwenden, wobei während der Ansparphase eines Bausparvertrages die Bausparkasse Darlehensnehmerin und der Bausparer Darlehensgeber ist. Ein Rollenwechsel erfolgt erst mit der Inanspruchnahme eines Bauspardarlehens. Der BGH hat weiterhin entschieden, dass die Voraussetzungen des Kündigungsrechts mit dem Eintritt der erstmaligen Zuteilungsreife vorliegen, da zu diesem Zeitpunkt die Bausparkasse unter Berücksichtigung des Zwecks des Bausparvertrages das Darlehen des Bausparers vollständig empfangen hat.

 

Laufzeitunabhängigen Individualbeiträge in Kreditverträgen der Targobank: Nach dem Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 28.04.2016 (Az. I-6 U 152/15) sind die von der Targobank in Verbraucherkreditverträgen verlangten laufzeitunabhängigen Individualbeiträge nicht zulässig. Ob die Targobank gegen dieses Urteil Revision beim Bundesgerichtshof einlegt, ist noch offen.

 

Zulässigkeit von Abzugsbeträgen bei KfW-Kredite: Der Bundesgerichtshof ("BGH") hat mit Urteil vom 16.02.2016 (Az. XI ZR 454/14, XI ZR 63/15, XI ZR 73/15 und XI ZR 96/15) entschieden, dass die formularmäßigen Bestimmungen zu Abzugsbeträgen in Höhe von 4% bei Fördermitteln der Kreditanstalt für Wiederaufbau ("KfW") für vor dem 11. Juni 2010 abgeschlossene Verbraucherkreditverträge zulässig sind.

 

Für nach dem 11. Juni 2010 abgeschlossene Verbraucherkreditverträge greift § 502 BGB in der ab diesem Zeitpunkt gültigen Fassung. Hiernach kann ein Darlehensnehmer seine Verbindlichkeiten jederzeit ganz oder teilweise zurückzahlen. Die hierfür anfallende Vorfälligkeitsentschädigung darf 1% des vorzeitig zurückgezahlten Darlehensbetrages nicht übersteigen. Eine finale Entscheidung hinsichtlich der Zulässigkeit einer formularmäßigen Bestimmung zu Abzugsbeträgen in Höhe von 4% bei Fördermitteln der KfW für nach dem 11. Juni 2010 abgeschlossene Verbraucherkreditverträge steht weiterhin aus, da der BGH die Sache zur Verhandlung an das Berufungsgericht Landgericht Osnabrück zurückverwiesen hat.

 

Keine Vorfälligkeitsentschädigung für von der Bank gekündigte Kredite: Am 19.01.2016 (Az. XI ZR 103/15) hat der Bundesgerichtshof („BGH“) entschieden, dass eine Bank bei einem gekündigten Verbraucherdarlehen keine Vorfälligkeitsentschädigung in Rechnung stellen darf. Siehe hierzu auch: http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=pm&Datum=2016&Sort=3&nr=73360&pos=3&anz=16

 

Im vorliegenden Fall hatte eine Kreissparkasse für zwei wegen Zahlungsverzug gekündigte Darlehen Vorfälligkeitsentschädigungen in Rechnung gestellt. Der Kläger hatte diese zur Abwendung der Zwangsvollstreckung gezahlt.


In den Erstinstanzen (LG Stuttgart und OLG Stuttgart) hatte die Klage kein Erfolg. Der BGH hat jetzt aber klargestellt, dass die Zubilligung einer auf dem Vertragszins beruhenden Vorfälligkeitsentschädigung, das vornehmliche Ziel des Gesetzgebers, nämlich die Anwendung des Vertragszins für die Schadensberechnung nach erfolgter Kündigung auszuschließen, verfehlen würde.

 

Die Berücksichtigung von Sondertilgungsrechten bei der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung kann nicht ausgeschlossen werden: Bei der Berechnung von Vorfälligkeitsentschädigungen sind auch künftige Sondertilgungsrechte zu berücksichtigen. Dies kann auch nicht formularmäßig ausgeschlossen werden. So hat der Bundesgerichtshof („BGH“) am 19.01.2016 (Az. XI ZR 388/14) entschieden:
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=pm&Datum=2016&Sort=3&nr=73361&pos=2&anz=16

 

Im vorliegenden Fall hat ein Verbraucherschutzverein eine Kreissparkasse auf Unterlassung der formularmäßigen Regelung: Zitat „Zukünftige Sondertilgungsrechte werden im Rahmen vorzeitiger Darlehensvollrückzahlungen bei der Berechnung von Vorfälligkeitszinsen nicht berücksichtigt.“ Der Verbraucherschutzverein hat nun vor dem BGH obsiegt.

 

Widerruf von Darlehen auch nach Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung möglich: Auch sieben Jahre nach Abschluss eines Darlehensvertrages ist der Widerruf von Darlehen möglich – eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung vorausgesetzt. So hat das Landgericht Saarbrücken im Juli 2015 geurteilt (siehe: http://www.kanzleijakobs.de/2015/07/lg-saarbruecken-verurteilt-landesbank-saar-wegen-fehlerhafter-widerrufsbelehrung). Es steht damit nicht allein, sondern folgt der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts („OLG“) Brandenburg, OLG Hamm und OLG Celle. Die Bank musste im konkreten Fall die in Rechnung gestellte Vorfälligkeitsentschädigung von mehr als 54.000 EUR zurückzahlen. Im Rahmen der begehrten endgültigen Rückabwicklung des Darlehens fallen voraussichtlich zusätzliche 3.000 EUR an, die die Bank zu erstatten hat.

 

Vorsicht bei der Berechnung von Vorfälligkeitsentschädigungen bei Forward-Darlehen: Herr M. hat am 15.07.2008 eine Forward-Zinsvereinbarung für ein Immobiliendarlehen, dessen Zinsbindung am 31.05.2010 ablief, unterschrieben. Die Forward-Zinsvereinbarung galt vom 01.06.2010 bis 31.05.2020. Am 31.05.2015 zahlte Herr M. das Darlehen vorzeitig aufgrund einer Erbschaft zurück. Die Bank berechnete eine Vorfälligkeitsentschädigung für den Zeitraum vom 31.05.2015 bis 31.05.2020. Dies war falsch. Die Vorfälligkeitsentschädigung durfte nur für den Zeitraum vom 31.05.2015 bis zum 15.01.2018 berechnet werden. Wir haben für Herrn M. die korrekte Vorfälligkeitsentschädigung ermittelt, die immerhin 2.000,00 € geringer als die von der Bank ermittelte Vorfälligkeitsentschädigung war.

 

BGH-Pressemitteilung vom 05.05.2015 - Kein verbundenes Geschäfts bei Kombination eines Verbraucherdarlehensvertrags mit einer der Darlehenstilgung dienenden Kapitallebensversicherung

  

BGH-Pressemitteilung vom 27.01.2015 - Bundesgerichtshof entscheidet über eine Entgeltklausel für Buchungen bei der Führung privater Girokonten